Samstag, 27. September 2014

Ein erstes Resümee

Israel ist der Hammer! Schon im ersten Monat haben meine Mitbewohner und ich so vieles erlebt, was einfach nur geil ist. Die Jerusalemer Altstadt mit ihren wichtigen religiösen Standorten, das Tote Meer und die Landschaft auf dem Weg dorthin, mittlerweile schon öfters Bethlehem, das Jerusalemer Nachtleben und natürlich nicht zu vergessen: die Arbeit mit den Kleinen. Ich werde alles mal nach dieser Reihenfolge abklappern, obwohl nicht alles in dieser Reihenfolge passiert ist.

Die Old City
Eingekreist von 12 Meter hohen Mauern liegt die Altstadt in Ostjerusalem. Allein der Anblick von Weitem lässt erahnen, dass es sich bei diesen Ort um etwas ganz Wichtiges handelt. Hier haben alle drei abrahamitischen Weltreligionen, also sowohl Christentum, Islam und Judentum, wichtige Stätten ihres Glaubens. Die Altstadt ist in vier Viertel aufgeteilt: Das jüdische Viertel, das christliche Viertel, das muslimische Viertel und das armenische Viertel. Jedes weist unterschiedliche Architektur und Mentalitäten auf.

Die Klagemauer
Das Judentum hat hier in der Altstadt zwei Tempel G-ttes errichten lassen, die beide aber zerstört wurden. Im Ersten Tempel befanden sich unter anderem die zwei Steintafeln Mos(h)es mit den 10 Geboten, welche in der "Bundeslade" im Allerheiligsten des Tempels aufbewahrt wurden. Nebukadnezar II eroberte 587/586 Jerusalem, lies den Ersten Tempel zerstören und die Bundeslade verschwand für immer. Nach der zweiten Zerstörung 70-72 n.Chr. durch die Römer wurden die Juden ins Exil geschickt, die Diaspora. Sie glauben bis heute, dass G-ttes Präsenz auf dem Berg Moriah existiert. Hier sind sie ihm am nächsten. Deswegen ist das letzte Überbleibsel des Zweiten Tempels, die westliche Mauer, die wichtigste Stätte des Judentums. Die sogenannte Klagemauer dient als Pilgerstätte, um das Gebet mit G-tt zu führen. Hier kann man seine Laster loswerden und sicher sein, dass G-tt in der Nähe ist. Das Spektakel zu Beginn des Shabbat, dem Ruhetag der Juden, also nach Sonnenuntergang am Freitagabend ist sehr sehenswert und erstaunlich. Wenn man dachte, unter der Woche sei da schon viel los, ganz anders ist es dann! Von allen Seiten strömen (ultra)orthodoxe Juden zur Kottel und beginnen ihre Gebete aus dem Talmud. Andere, darunter viele Soldaten, tanzen im Kreis, jubeln, lachen, haben Spaß. Ein Erlebnis, was jeder mal gesehen haben sollte!
Die Klagemauer kurz nach Beginn des Shabbat

Der Tempelberg
Der oben genannte Berg Moriah ist zugleich auch noch zweitheiligste Stätte des Islam nach der Kaaba. Auf arabisch heißt das Tempelplateau "Haram ash Sharif". Zugang bekommt man entweder über einen großen Gang im muslimischen Viertel oder über eine Holzrampe neben der Klagemauer. Erster ist jedoch nur für Muslime passierbar. Oben auf dem Plateau liegen der Felsendom (Qubbet as Sakhra), die Al Aqsa-Moschee, ein Islamisches Museum und auf dem ganzen Platz verteilt mehrere Gebäude aus unterschiedlichsten Epochen. Darunter der Qubbet as Silsilla, der Kettendom, wo am Tag des jüngsten Gerichts die Guten von den Bösen mit einer Kette getrennt werden, der Qubbet al Miradj, der Himmelfahrtsdom, wo Muhammed gebetet haben soll, als er die Himmelsreise begann, der Qubbet al Arwah, der Geisterdom, wo sich nächtlich die Seelen der Heiligen treffen, sowie der Qubbet al Khalil (Hebronsdom) und Qubbet al Khadr (Georgsdom). Der Felsendom ist ein Gebäude mit strahlend vergoldeter Kuppel um, wie der Name schon erkennen lässt, einen heiligen Felsen, wo zwei Dinge geschehen sein sollen. Zum einen sollte, laut jüdischer Überlieferung, Abraham hier seinen einzigen, geliebten Sohn Isaak opfern (Genesis 22, 1-19) und zum anderen, nach islamischer Tradition, soll hier Mohammed auf seinem Ross Buraq in den Himmel aufgestiegen sein. Dies zeigt wieder einen brisanten Punkt in Jerusalem: zwei Religionen, die auf einem heiligen Berg einen Felsen haben, den sie für sich beanspruchen. Der Felsendom ist jedoch kein Gebäude, worin Gottesdienste gefeiert werden, sondern lediglich eine Art "Schmuckkästchen" für diesen besonderen Ort.
Da der Ort, wie gesagt, zurzeit nur für Muslime zugänglich ist (vor nicht allzu langer Zeit war es auch für Touristen regulär zu besichtigen), werde ich, da ich mit einem Imam zusammenarbeite, die 5 Säulen des Islam auf arabisch lernen und somit hoffentlich auch Zugang erhalten, um diese wunderschönen Gebäude betrachten zu können.
Der Tempelberg - links die Klagemauer, darüber der Felsendom, rechts ein Teil der Al Aqsa-Moschee

Das christliche Viertel und die Via Dolorosa
Im christlichen Viertel liegt die Grabeskirche, worin das (angebliche) Grab Jesu steht. Die gesamte Kirche ist eigentlich ein riesiger Komplex aus mehrstöckigen, über- und untereinanderliegenden Kapellen, Schreinen, Grabstätten und Gedenkstätten. Nicht umsonst ist dieser Ort der heiligste der Christenheit, da hier Jesus wiederauferstanden sein soll. Direkt am Eingang befindet sich ein Stein, worauf Jesus gesalbt worden sein soll, bevor er zu Grabe getragen wurde. Diesen Stein berühren viele Leute, und beten kniend vor ihm. Das Grab Jesu ist ein gräulicher viereckiger Steinblock mit goldenen Verzierungen und vielen Kerzen. Pilger stehen in einer Schlage, bevor sie jeweils zu Viert den Schrein betreten dürfen. In einem kleinen Vorraum ist ein Stein, worauf der Engel Gabriel erscheinen sein soll und den drei Frauen, die Jesu Grab zuerst leer aufgefunden haben sollen, verkündet, dass Jesu nicht mehr hier sei und das sie nicht nach ihm suchen brauchen. Im Grab selber liegt ein glatter Stein, worauf der gesalbte Leichnam gelegt worden sein soll. Hier brechen viele Menschen in Tränen aus. Golgatha, also der Felsen der Kreuzigung, liegt auch innerhalb der Kirche. Hier ist ein Kreuz aufgestellt, ja selbst die Einkerbungen im Fels sollen zu sehen sein.
Der Eingang zum Grab Jesus Christus
Golgatha - der Ort der Kreuzigung Jesu
Eine Grotte unterhalb der Kirche
Die Via Dolorosa, also der Leidensweg Jesu, durchzieht Teile des muslimischen und christlichen Viertels. Diesen bin ich noch nicht entlang gelaufen, werde ich aber mit Sicherheit noch einmal tun. An Karfreitag kaufen sich viele Pilger ein Holzkreuz und ahmen den letzten Weg Jesu nach. Ein lohnendes Geschäft für die Verkäufer. Umgerechnet 50 Euro kostet das Kreuz, das nachher sogar wieder abgegeben werden muss.

Das Tote Meer
Es ist auf jeden Fall eines meiner Highlights bis jetzt. Hingefahrend sind Felix, einer meiner Mitbewohner, und ich am 21.09. Von der Central Bus Station (CBS) gibt es Reisebusse, die durch das ganze Land fahren. Es ist echt ein wenig strange, da es einen wie an ein Terminal eines Flughafens erinnert... Überall sind Zahlen, gates, wo die Busse stehen, Informations- und Ticketschalter. Aber es ist richtig praktisch! Jedenfalls war alleine die Busfahrt die 80 Shekel voll und ganz wert. Die Landschaft war ATEMBERAUBEND!!! Die Fotos können das in keinster Weise ausdrücken.

Jedenfalls sind wir nach gut einer Stunde in Ein Gedi angekommen. Willkommen am tiefsten Punkt der Erde, der auf dem Land liegt. Rund 424 Meter unterhalb des Meeresspiegels sind wir hier. In Ein Gedi kann man umsonst schwimmen gehen, auch wenn der "Strand" nicht so geil ist - er besteht aus ziemlich vielen Felsen; seeehr gemütlich also. Jedenfalls waren es die ganze Zeit 41°C. Ziemlich krass, wenn man bedenkt, dass in Deutschland vor ein paar Tagen fast die Welt untergegangen ist. Aber die Hitze ist hier anders, trocken und nicht so schwül. Das macht es um einiges angenehmer. Doch direkt zu Anfang mussten wir uns mit Wasser ausstatten. Wir Helden haben es nämlich verplant in Jerusalem einkaufen zu gehen und waren nur mit Handtuch, Badehose und Sonnencreme ausgestattet. Das machen wir nicht noch einmal!
Das Wasser ist ganz anders. Wenn man ins Wasser geht, sieht man Schlieren, ganz genau so, als wenn man beim Nudelnkochen zuviel Salz benutzt. Bedeutet: das Wasser ist verdammt salzig! :D Bis zu den Beinen ist alles noch normal, doch ist man erstmal mit dem Hintern drin ... geil! Es klappt tatsächlich! Selbst senkrecht zu stehen ist hier kein Problem, es ist echt genial. Wenn man aus dem Wasser geht, bleibt man dank des Salzes noch eine ganze Weile nass, also sollte man sich schnell oben bei den Duschen abduschen gehen. Doch der Weg dahin ist eine Tortur, wenn man keine Schuhe dabei hat, die nicht nass werden sollten. Flipflops sind also Pflicht.

Der Blick übers Meer - auf der anderen Seite beginnt Jordanien

Wir haben übrigens noch andere Voluntäre getroffen, die sogar auch in Jerusalem wohnen. Zusammen mit ihnen wollten wir dann noch zu den nahegelegenen Wasserfällen im Ein Gedi-Nationalpark, doch er war schon geschlossen, als wir angekommen sind, schade.

Bethlehem
Mittlerweile sind wir echt oft dort. Das liegt wohl auch an den unglaublich guten Pitabroten die man dort bei einer Bäckerei bekommt. 10 Stück für 5 Shekel, also 1€. Neben Humus ist es eines unserer Hauptnahrungsmittel hier! Bethlehem bietet einem eine echt gute Aussicht, wenn man denn weiß wo. Auch der green market ist zwar klein, aber echt günstig. Obst und Gemüse zum Schleuderpreis.
Die Church of Nativity, also die Geburtskirche, haben wir auch schon 2x besucht. Hier findet man den angeblichen Ort Jesu Geburt. Eine kleine, mit Gold bestückte Krippe soll die Stelle zeigen. Auch gibt es unterhalb der Kirche ein Höhlensystem mit Altären und alten lateinischen Inschriften.
Trotz Umbaumaßnahmen, kann man alles in der Kirche besuchen. Auch hier ist freilich ein Pilgerort für Christen aus aller Welt. Letztens war sogar eine Gruppe aus Südamerika dort.
Der Ort Jesu Geburt

Das Jerusalemer Nachtleben
Wer denkt, in Jerusalem könnte man keine Party machen, der irrt gewaltig. Im Centrum reihen sich Bars an Clubs und Restaurants an Kneipen. Zwar sind die Alkoholpreise hier wie in Israel gewöhnlich teuer, aber dafür kann man in einige Clubs ohne Eintrittskosten hinein. Besonders ein kleiner Undergroundclub hat uns richtig Spaß gemacht. Die Tanzfläche ist hingegen nur so groß wie eine kleine Gartenhütte, aber das macht wahrscheinlich auch den flair aus. Überwiegend wird hier Goa oder Electro gespielt, aber wir haben auch schon von Reaggenächten und Rockkonzerten gehört. Auch bekannte Djs und Hiphop-Künstler sollen hier oft hinkommen; für jeden was dabei also.

Meine Arbeit
Zu guter Letzt also auch nochmal der Grund, weswegen ich hier bin. Ich arbeite als freiwillige Pflegekraft bei der Kopforganisation "Shekel", die sich auf eine Arbeit mit "Menschen mit besonderen Bedürfnissen" spezialisiert hat. Alle Voluntäre sind in kleinen Appartements, wo 6 "residents" leben. Zusammen mit ein paar workern müssen wir alles das tun, was sie nicht alleine können. Da unsere "residents" sehr low-functioned sind, also starke geistige und körperliche Einschränkungen haben, müssen wir so ziemlich alles für sie machen. Deswegen nenne ich sie "die Kleinen", sie sind wie kleine Kinder. Aber das macht mir Spaß, weil es eine besondere Verantwortung ist, mit diesen unglaublich tollen Menschen zusammenzuarbeiten und ja, sogar zu leben. Ich arbeite in einem Appartement namens "Halamit" in einer im westlichen Jerusalem gelegenen Nachbarschaft "Kiryat Menachem". Jeden Tag muss ich den Bus nehmen, weil es echt weit weg ist und alleine die Busfahrt, inklusive Umsteigen und bisschen Glück, 35 Minuten dauert. In der Regel dauert es aber 50 Minuten. Warum etwas Glück? Nunja, hier gibt es keine Busfahrpläne. Die Busse hier fahren wie sie wollen, doch kann man sich immer so einrichten, dass jede 15 bis 30 Minuten ein Bus kommt ... meistens jedenfalls^^

Auch machen wir einige Aktivitäten mit den residents. Hier zum Beispiel waren wir bei einem Lobpreis-Konzert vor der Stadtmauer Jerusalems - es war so schön!!! Es gab auch Datteln umsonst und, ungelogen, noch nie habe ich solch leckere gegessen!

Das Video zeigt ein Lied, welches mir sehr gefallen hat :)

Naja, das reicht jetzt echt mal für diesen post, shalom und bis zum nächsten Mal.


P.S. Danke an die, die sich bis hier durchgequält haben! :D

Sonntag, 7. September 2014

Ein etwas anderes Gefühl ...

Ziemlich spontan wurde entschieden, heute palästinensisches Gebiet zu betreten. Wir wollten in Bethlehem, auf Ivrit übrigens בית לחם, also Beth Lechem, primär den Markt und vielleicht sogar die Geburtskirche besuchen. Schon auf dem Weg Richtung Kontrollposten "Bethlehem 300" sah man von weitem die hohe separationwall mit ihren Wachtürmen. Schilder mit der Aufschrift "military area" standen am Eingang des Kontrollpunkts. Schon hier hat man eine gewisse Unruhe in der Gruppe gespürt. Hinein zu kommen ist eigentlich kein Problem. Die israelischen Grenzposten haben nicht viel auf uns geachtet und uns ohne Umstände durchgeschleust. Lange, schmale und mit Gittern abgetrennte Wege, die an der Mauer entlang liefen, vermittelten ein bedrückendes Gefühl. Eine Frau, welche einen kleinen Souveniershop unterhält, sprach uns an und erzählte vom schwierigen Leben unter diesen Umständen.

http://youtu.be/9-djpJ1S4Q0


Da ihr Haus direkt neben der Mauer steht, müsse sie sogar eine Erlaubnis von der IDF bekommen, um auf ihr Dach zu steigen. Als wir weiter gingen, sprachen uns immer mehr Personen an und riefen Sachen wie "Alemania!" hinterher. Die Stimmung wurde immer angespannter, da wir von jeder Seite beäugt wurden. Ich sprach mit einem Taxifahrer, welcher meinte, dass wir das heraustragen sollen, was wir hier erleben.
Jedenfalls wurde der Gruppe immer unwohler und wir beschlossen auf halbem Wege umzukehren. Nächstes Mal hätten wir wohl einfach ein Taxi nehmen sollen.
Man merkt aber deutlich, dass die gesamte Atmosphäre eine GANZ andere ist, als es bei uns in der Nachbarschaft ist ...